Levins Mühle

34 Sätze über meinen Großvater. Roman. Nachwort: Wagenbach, Klaus

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Sätze, die "die Schwerkraft der gewöhnlichen Mitteilung" überwinden. J. Bobrowskis Roman über einen Rechtsstreit um eine Wassermühle im 19. Jh.
Wer war Johannes Bobrowski? "Ein Trauerfall für das gesamte Deutschland", hieß es, als er 1965 starb. Dann wurde es still um den Autor, der 1964 in beiden Teilen Deutschlands einen Roman vorgelegt hatte. "Levins Mühle", geschrieben in der S-Bahn mit einem Bleistift, spielt im Jahr 1874 an der südwestpreußischen Grenze im Milieu von Polen, Deutschen, Juden. Es geht um einen Rechtsstreit um eine Wassermühle, angelehnt an Bobrowskis eigene Familiengeschichte. Seinen Reiz gewinnt das heute immer noch sehr lesenswerte Buch vor allem aus seiner Sprache, die anspruchsvoll ist, ohne auf Jargon und Mundart zu verzichten, und die dadurch, wie Ingo Schulze schreibt, "die Schwerkraft der gewöhnlichen Mitteilung" mit jedem Satz überwindet. Auch die nationalen und religiösen Gegensätze, die aufeinandertreffen, erfassen ein lebendiges Zeitbild, das vielleicht mehr mit der Gegenwart des Autors zu tun hatte als mit der Geschichte aus dem 19. Jahrhundert. Ein kurioser, ein spannender, ein gegenwartsnaher Roman, wie Klaus Wagenbach, der das Buch seinerzeit lektorierte, in seinem klugen Nachwort schreibt. Für alle Bestände.

Bobrowski hat seinen Roman im Westpreußen von 1874, im Kaiserreich, nicht weit von Thorn, angesiedelt. Er erzählt uns von der sehr besonderen Landschaft, von den Wiesen, den Wäldern und den Flüssen; er erzählt von den Tieren dort, den Pferden, den Schweinen und den Vögeln, die allein in unzähligen Arten vorkommen, seien es zarte Schwalben oder fette Gänse. Und er erzählt von den Menschen. Da sind die katholischen Polen, Juden, Zigeuner mit Geige, Vaganten, Kossäten, und natürlich die Deutschen, Baptisten, Adventisten, Methodisten. Ein lebhaftes Durcheinander.Die Geschichte, um die es geht, ist einfach: Der Großvater des Erzählers, Mühlenbesitzer und Deutscher, von dem es heißt, er leide an der Galle, hat das Wasser gestaut und dann die Mühle seines Konkurrenten, des Juden Levin, der wiederum am Herzen leidet, weggespült. Und weil sich der Levin das nicht gefallen lassen will, klagt er vor Gericht in der Stadt.In gemütlichem Tonfall erfahren wir diese spannungsgeladene Geschichte.
Schnell sind wir mittendrin, hören den Leuten zu, so wie sie eben reden, maulfaul und redselig zugleich, hören ihren Dialekt und unbekannte, klingende Worte. Vor uns tut sich ein Reichtum an Sprache und Geschichten auf, wie er uns selten begegnet.

Johannes Bobrowski, 1917 geboren, studierte Kunstgeschichte in Berlin, wurde jedoch 1939 einberufen. Im Russlandfeldzug entstanden seine ersten Gedichte. Erst 1949 kehrte er aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft nach Ostberlin zurück, wo er als Lektor arbeitete. 1961 folgte der Lyrikband Sarmatische Zeit. 1962 wurde ihm der Preis der Gruppe 47 verliehen. Seit den sechziger Jahren veröffentlichte er auch Prosa, darunter den Roman Levins Mühle, für den er den Heinrich-Mann-Preis erhielt. Bobrowski starb 1965 in Berlin. Bei Wagenbach außerdem lieferbar: Nachbarschaft, Gedichte.

»Durch diesen Autor habe ich zum ersten Mal erfahren, wie rein Literatur sein kann - im Sinne von reiner Malerei: ganz aus der Farbe gearbeitet, ohne Zeichnung.« Ingo Schulze über Levins Mühle in der Serie »Mein Jahrhundertbuch« in DIE ZEIT
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