Jenseits der Dichotomie von Text und Bild

Verfahren der Veranschaulichung und Verlebendigung in Mittelalter und Früher Neuzeit

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Der interdisziplinär angelegte Band versammelt die Forschungsergebnisse eines DFG-Netzwerks zu den Verfahren des Vor-Augen-Stellens in Mittelalter und Früher Neuzeit. Im Zentrum stehen mit der Veranschaulichung und der Verlebendigung zwei in den Schwesterkünsten Malerei und Dichtung omnipräsente Darstellungserfahren, die in der Lage waren, die sinnliche und rationale Evidenz abstrakter bzw. medial nicht adäquat darstellbarer Sachverhalte zu erhöhen. Der Fokus der germanistischen und kunsthistorischen Studien ruht sowohl auf dem Vor-Augen-Stellen als einer Aktualisierung und Verlebendigung der Potenz des Dargestellten, als auch auf den technischen Darstellungsmitteln selbst und den rezeptiv bedeutungsstiftenden Wirkungsweisen. Das Vor-Augen-Stellen gehört zu einer die Schwesternkünste verbindenden gemeinsamen rhetorischen Praxis, die durch Dikta wie das ut pictura poiesis ebenso wie durch Ekphrasis- und Paragone-Debatten bis in die Renaissance hinein bestimmt war. Für die christlic
h geprägte vormoderne Kunstproduktion waren es somit vor allem Rhetorik und Wahrnehmungstheorie, die mentale Muster und Techniken für eine analoge Text- und Bilddeutung anboten. Entsprechend sind die Verfahren in beiden Künsten rhetorisch, mnemotechnisch und diagrammatisch geprägt, so dass wahrnehmungs-, imaginations- und gedächtnisgeschichtliche Aspekte ineinander spielen.
Vor dem Hintergrund der rhetorischen Ausrichtung ist das Darstellungsverfahren der sub oculos subiectio auch ein Erkenntnisverfahren mit sinnlich-rationaler Wirkung. Der Band bietet neben einer Zusammenschau der mediengeschichtlichen Facetten der Text-Bild-Relation exemplarische Analysen von Henrike Eibelshäuser, Manfred Eikelmann, Claudia Lauer und Birgit Herbers, Cornelia Herberichs, Verena Linseis, Cornelia Logemann, Henrike
Manuwald, Marius Rimmele, Heike Schlie, Pia Selmayr, Beatrice Trînca, Herfried Vögel und Franziska Wenzel. Die Studien selbst bearbeiten ein breites mediengeschichtliches Spektrum
, das von mittelalterlichen Bilderhandschriften, frühneuzeitlichen Druckerzeugnissen, der Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts bis zu literarischen Texten aus den Bereichen der höfischen Epik, der Sangspruchdichtung und des weltlichen Spiels reicht. Neben dem Bemühen um eine gemeinsame Sprache jenseits der Dichotomie der beiden Fächer ist es ein erklärtes Ziel des Bandes, auf einer breiten Materialbasis neue Perspektiven für eine Entschlüsselung sprachlich und piktural erzeugter Anschaulichkeit und Lebendigkeit in Mittelalter und Früher Neuzeit zu eröffnen.

Franziska Wenzel, geb. 1969, ist Professorin für Ältere deutsche Literatur an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Sie promovierte zu einem kommunikations- und mediengeschichtlichen Thema, arbeitete in einem interdisziplinären, auf institutionelle Ordnungen hin orientierten SFB, in text- und editionsgeschichtlichen Projekten und sie habilitierte sich zu (Ton-)Autorschafts- und Meisterschaftsformen hoch- und spätmittelalterlicher Textgefüge. Im Horizont einer visuellen Kultur zählen neben Poetologie, Autorschaftskonzepten, Textualität und Überlieferungsgeschichte Intermedialität und Diagrammatik zu ihren Forschungsinteressen.
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