Tumult

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medienprofile-Rezension

Humor ist, wenn man trotzdem denkt: Der muntere Intellektuelle Hans Magnus Enzensberger erinnert sich an seine tumultuösen Jahre.
Hans Magnus Enzensberger lässt sich nicht festlegen. Munter schreibt er zwischen den Stühlen, denkt seiner Zeit voraus, liebt die Widersprüche. So auch in dem neuen Band, der auf einem Kellerfund beruht. Tagebücher und Notizen aus den 1960er Jahren sind für den inzwischen "ungefähr 85"-Jährigen Anlass genug für eine Zwischenbilanz. Und die fällt selektiv, selbstkritisch und spannend aus. Enzensberger hat damals Russland, Kuba, die USA bereist, er war im APO-bewegten Berlin und nebenbei im norwegischen Domizil. Chruschtschow und Kissinger, Herbert Marcuse und dem Kollegen Lars Gustafsson sind prägnante Miniaturen gewidmet. Enzensberger hat genau hingesehen und die politische Weltlage mit diplomatischer Klugheit kommentiert. Das macht ihm so leicht keiner nach. Sympathisch sind sein Bekenntnis zur bewohnbaren Demokratie und sein Amüsement über ideologische Eintrichterungen. Ein eher lesenswertes Buch, das auch über Enzensbergers russische Liebe - Mascha - Auskunft gibt. Allen Beständen empfohlen.

Wer sich nach einem halben Jahrhundert wiederbegegnet, muß auf Überraschungen gefaßt sein. Hans Magnus Enzensberger hat sich auf dieses Abenteuer eingelassen: Ein zufälliger Kellerfund gab den Anlaß für eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. 1963 führt den Autor eine erste Reise nach Rußland, und unverhofft wird er zum Gast auf Chruschtschows Datscha in Gagra. Das Ergebnis ist ein genaues Porträt des Mannes und der sowjetischen »Tauwetter«-Politik dieser Zeit. Drei Jahre später durchreist Enzensberger die UdSSR vom äußersten Süden bis nach Sibirien. Auf diesem Parforce-Ritt nehmen die Verwicklungen des »russische Romans«, der konfliktreichen Beziehung zu seiner zweiten, russischen Frau, ihren Anfang. 1968/1969 gerät der Dichter dann in eine Phase des politischen und privaten Tumults. Mitten im Vietnam-Krieg folgt er einer Einladung an die Wesleyan University, aber schon nach wenigen Monaten lockt das Cuba der Revolution. Doch sind die Fraktionskämpfe der außerparlamentari
schen Opposition in Berlin nicht so weit entfernt, als daß der Dichter nicht auch auf diesem Schauplatz zum Akteur würde... Wie aber sieht mit dem zeitlichen Abstand von 50 Jahren der alte Enzensberger den jungen? Die Antwort auf diese Frage gibt ein lebhaftes Streitgespräch, in dem beide sich ihrer Haut zu wehren wissen. Ein letztes Kapitel unter dem lapidaren Titel »Danach« gilt dem Abschied von den »politischen und privaten Obsessionen der 60er Jahre«. Hier gedenkt Enzensberger auch der Verlierer und derer, die ihm nahestanden. Gewidmet ist das Buch »Den Verschwundenen«.


Hans Magnus Enzensberger wurde am 11. November 1929 in Kaufbeuren geboren und starb am 24. November 2022 in München. Als Lyriker, Essayist, Biograph, Herausgeber und Übersetzer war er einer der einflussreichsten und weltweit bekanntesten deutschen Intellektuellen.

»Was für ein Buch!« Andreas Platthaus Frankfurter Allgemeine Zeitung 20141206
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