Moskau, Anfang der 50er Jahre: Der zwölfjährige Juri Zipit ist ein ganz besonderer Junge, jeder vertraut ihm sofort seine Geheimnisse an, weil die Menschen spüren, dass sie bei Juri sicher sind. Dabei hat er in seinem kurzen Leben schon viel Trauriges erlebt: Als Sechsjähriger erlitt er einen schweren Unfall, der nicht nur eine Körperbehinderung, sondern auch eine Hirnschädigung zur Folge hatte, manche halten ihn deswegen – irrtümlicherweise – für ein wenig beschränkt. Viel schlimmer ist aber, dass er sich kaum noch an seine Mutter erinnern kann, die in ein Arbeitslager verbannt wurde. Wäre sein Vater nicht Direktor des Moskauer Zoos und der beste Veterinär der gesamten Sowjetunion, wäre auch er längst von der Geheimpolizei aus dem Weg geräumt worden. Doch so kann er seine liebende, schützende Hand über Juri halten und ihn mit vielen hilfreichen Ratschlägen ausstatten, die der Junge im Herzen bewahrt und die ihm am Ende das Leben retten werden. Denn eines Tages, als er durch aberwitzige Umstände zum Vorkoster und engsten Vertrauten Josef Stalins wird, verändert sich für ihn alles. „Der Stählerne“ hat das Volk in seinem eisernen Griff, alle in seiner engen Umgebung leben in Angst vor seinen unberechenbaren Entscheidungen und willkürlichen Wutausbrüchen. Jeder könnte der nächste sein, der spurlos verschwindet. Nur Juri sieht in dem Diktator, das was er wirklich ist: ein alter, schwerkranker Mann, der panische Angst hat, ermordet zu werden und jedem misstraut. Als er Juri sein Testament in die Hände drückt und kurz danach verstirbt, weiß der Junge genau, dass er in großen Schwierigkeiten steckt…
Der englische Autor hat eine aberwitzige Polit-Satire geschrieben, über die man lachen und weinen wird und von der man jedes verrückte Detail glauben möchte, das er sich im Rahmen eines sehr gut recherchierten Faktenhintergrundes ausgedacht hat. An Juri, durch dessen alles entlarvenden Kinderblick die Story erzählt wird, werden sich die Hörerinnen und Hörer noch lange erinnern. Das ist auch ein Verdienst des Sprechers Matthias Koeberlin, der den kleinen, in einer Welt voller korrupter Erwachsener völlig auf sich allein gestellten Jungen glaubwürdig und voller Zuneigung interpretiert. Ein bewegendes Hörvergnügen.
(Susanne Steufmehl)
»Mein Name ist Juri Zipit. Ich bin zwölfeinhalb Jahre alt und lebe in einer Personalwohnung im Hauptstadtzoo gleich gegenüber vom Seelöwenteich hinter der Bisonweide, direkt neben dem Elefantengehege. Mein Vater ist Zoodirektor. Ich möchte Ihnen erzählen, wie ich einmal ein paar Wochen im Zentrum der Macht verbracht habe. Es waren höchst vertrauliche Angelegenheiten und dubiose Ereignisse, die zu düsteren Geschehnissen führten. Geheimnisse versteckt in der Geschichte. Ich baue auf Ihr Schweigen. Außerdem will ich Sie beschützen. Zu Ihrer eigenen Sicherheit. Also, psssst.«
Christopher Wilson studierte und erforschte die Psychologie des Humors und lehrte zehn Jahre lang an der Goldsmiths Universität in London. Er unterrichtet kreatives Schreiben inGefängnissen, an der Universität und für die Arvon Foundation. Christopher Wilson lebt in London.
"[Ein] Hörvergnügen, von Matthias Körberlin mit Wonne [...] eingelesen." MagaScene, 01.12.2018
