Beim Häuten der Zwiebel

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medienprofile-Rezension

Der Literaturnobelpreisträger (* 1927) erinnert sich an seine Jugend und an die frühen Jahre der Bundesrepublik.
Muss man diesen Grass lesen? Nein! Schon ganz bestimmt nicht, um nur nach jener Szene zu fahnden, mit der der Autor noch vor Erscheinen seines Buches einen werbewirksamen Skandal ausgelöst hat. Wie es sich mit der Mitgliedschaft von Grass bei der Waffen-SS verhalten hat, weiß nun beinahe jeder Deutscher. Längst sind aber die Schwaden verraucht, von denen unsere "Kultur" der immer neuen Aufregungen und Aufgeregtheiten lebt. Unterm Strich ist dann alles kaum der Rede wert. Ansonsten erweist sich Grass auch in diesem autobiographischen Buch als Erzähler, der alle Sinne anspricht. Man riecht und schmeckt förmlich, wovon er schreibt. Womit wir beim Häuten der Zwiebel wären, dem Leitgedanken seines Buches. Immer und immer wieder damit konfrontiert zu werden, dass der Erinnerungsvorgang so etwas sei wie das Häuten einer Zwiebel, das Schale nach Schale freilegt, ermüdet aber schnell. Grass überfordert da den Begriff, der nicht hergibt, was von ihm verlangt wird. Trotz aller Kritik: Wer an den frühen Jahren des Autors interessiert ist und an dem Umfeld, in dem er sich damals bewegt hat, erfährt so einiges: über seine Familie, die junge Bundesrepublik und ihre Literaten. Und wie gesagt: Die Fabulierlust, die ihm einstens den Nobelpreis für Literatur eingebracht hat, ist bei Grass nach wie vor ungebrochen.

Günter Grass erzählt von sich selbst. Vom Ende seiner Kindheit beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Vom Knaben in Uniform, der so gern zur U-Boot-Flotte möchte und sich hungernd in einem Kriegsgefangenenlager wiederfindet. Von dem jungen Mann, der sich den Künsten verschreibt, den Frauen hingibt und in Paris an der "Blechtrommel" arbeitet. Günter Grass erzählt von der spannendsten Zeit eines Menschen: den Jahren, in denen eine Persönlichkeit entsteht, geformt wird, ihre einzigartige Gestalt annimmt.Zwischen den vielen Schichten der "Zwiebel Erinnerung" sind zahllose Erlebnisse verborgen. Grass legt sie frei, schreibt über den Arbeitsdienst-Kameraden, der niemals eine Waffe in die Hand nahm, schildert genüsslich einen Lager-Kochkurs, der mangels Lebensmitteln abstrakt blieb, und berichtet, wie der Kunststudent sein Geld in einer Jazzband verdiente. Zudem zeichnet er liebevolle Porträts von seiner Familie, von Freunden, Lehrern, Weggefährten.Beim Häuten der Zwiebel ist ein mit komi
schen und traurigen, oft ergreifenden Geschichten prall gefülltes Erinnerungsbuch, das immer wieder Brücken in die Gegenwart schlägt. Günter Grass faßt den jungen Menschen von damals nicht mit Samthandschuhen an, enthüllt seine Schwächen, legt den Finger auf manches Versagen und noch heute schmerzende Wunden. Daß er die ein oder andere Erinnerungslücke mit Hilfe seiner reichen Phantasie ausgemalt haben könnte, gesteht er offen ein.

Günter Grass wurde am 16. Oktober 1927 in Danzig geboren, absolvierte nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft eine Steinmetzlehre, studierte dann Grafik und Bildhauerei in Düsseldorf und Berlin. 1956 erschien der erste Gedichtband mit Zeichnungen, 1959 der erste Roman 'Die Blechtrommel'. 1965 erhielt der Autor den Georg-Büchner-Preis, 1994 den Karel-Capek-Preis. 1999 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen und 2009 wurde er zum Ehrenpräsidenten des P.E.N. ernannt. Günter Grass starb am 13. April 2015 in Lübeck.
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