Vonne Endlichkait

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medienprofile-Rezension

Späte Texte eines großen Humanisten.
Das letzte von Günter Grass noch zu Lebzeiten zusammengestellte Buch umfasst knapp 100 Gedichte und kurze Prosatexte sowie naturalistische Zeichnungen. Mit beinahe heiterer Gelassenheit umkreist Grass Themen wie Alter und Tod, künstlerische Arbeit und das Erlahmen der Schaffenskraft. Er empfindet sich als "vogelfrei", wenn er, der Gebrechlichkeit zum Trotz, kurze Phasen der Kreativität durchlebt oder die häufige Schlaflosigkeit ("des Alters Gewinn") zur Lektüre nutzt. Mehrfach schreibt er über den Verlust der letzten Zähne, durch den der Abschied von der stets gefeierten Körperlichkeit verdeutlicht wird. Im Rückgriff auf das Bild des vergeblich den Stein bergauf rollenden Sisyphos fragt er sich, wer wohl nach ihm die Aufgabe des öffentlich mahnenden Schriftstellers übernehmen wird. Insgesamt enthält das Buch nur wenige der für Grass typischen Einwürfe zu tagesaktuellen Themen (Datensammeln, Griechenland, Angela Merkel). Es überwiegen biografische Skizzen und persönliche Reminiszenzen, die zumeist versöhnlich ausfallen: Mal ist es der unerwartete Fund von Zeichnungen, die er als Student an der Düsseldorfer Kunstakademie angefertigt hat, dann das Eingeständnis wiederholter depressiver Phasen oder die bereits getroffenen Vorkehrungen für den Zeitpunkt des Ablebens - einschließlich Probeliegen im Sarg und Verhandlungen mit dem Pastor der Kirchengemeinde über die Grabstätte. An einer Stelle streift sogar die Erinnerung an die eigene Erstkommunion im Danzig der Vorkriegszeit durch einen Text ("aber nicht dämmern wollte, ab wann genau mein Kinderglaube gleich einer Kugel Vanilleeis zu schmelzen begann"). Auch wenn die meisten Texte wie Gedichte gesetzt sind, überwiegt die freie Form. Mehrere sind reine Prosastücke, nur im Einzelfall verwendet Grass den Endreim. Die Zeichnungen zeigen Naturmotive wie gekräuseltes Herbstlaub, einen gespaltenen Holzklotz, Tiergerippe und immer wieder Vogelfedern. So entsteht eine unaufgeregte stilistische Text-Bild-Vielfalt, die auch Lesern, die normalerweise Romane bevorzugen, einen guten Zugang ermöglicht. Der ungewöhnliche Titel des Buches des Humanisten Günter Grass findet sich übrigens auf der allerletzten Seite: So überschrieben ist ein rührendes Kurzgedicht in der Sprache seiner kaschubischen Heimat ("Nu mecht kain Ärger mähr (...) un ieberall Endlichkait sain."), unter dem die Zeichnung einer Muschel prangt, die sich zur Mitte hin immer weiter verjüngt - so weit, bis die Struktur schließlich an einen Endpunkt gelangt. - Allen Beständen empfohlen.

Allen Zumutungen des Alterns und der 'Endlichkait' zum Trotz, plötzlich erscheint erneut fast alles möglich: Liebesbriefe, Selbstgespräche, Eifersuchtsdramen, Schwanengesänge, Gesellschaftssatiren und Augenblicke des Glücks drängen aufs Papier. Plötzlich findet rhythmisierte Kurzprosa ein vielstimmiges Echo in episch wuchernden oder pointiert zugespitzten Gedichten. Plötzlich entstehen sinnenfrohe Doppelstücke, die vom Zeichner ins Bild gesetzt, weitererzählt oder auf den Doppelpunkt gebracht werden.So traurig und gewitzt, so lebensklug und doch kämpferisch kann nur ein in die Jahre gekommener Künstler ans Werk gehen, der dem Tod wiederholt von der Schippe gesprungen ist. Zahlreiche berührende Geschichten bringt er hervor, verdichtet sie zu kunstvollen Miniaturen, die hier und jetzt spielen.In 'Vonne Endlichkait' schafft der Literaturnobelpreisträger in einem beeindruckenden Wechselspiel aus Lyrik, Prosa und Illustration sein letztes Gesamtkunstwerk.

Günter Grass wurde am 16. Oktober 1927 in Danzig geboren, absolvierte nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft eine Steinmetzlehre, studierte dann Grafik und Bildhauerei in Düsseldorf und Berlin. 1956 erschien der erste Gedichtband mit Zeichnungen, 1959 der erste Roman 'Die Blechtrommel'. 1965 erhielt der Autor den Georg-Büchner-Preis, 1994 den Karel-Capek-Preis. 1999 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen und 2009 wurde er zum Ehrenpräsidenten des P.E.N. ernannt. Günter Grass starb am 13. April 2015 in Lübeck.
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