Herrn Zetts Betrachtungen, oder Brosamen, die er fallen ließ, aufgelesen von seinen Zuhörern

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medienprofile-Rezension

Auf einer Parkbank stellt ein unscheinbarer älterer Herr zeitkritische Beobachtungen und Reflexionen an und erhält bald immer mehr Zuhörer.
Hans Magnus Enzensberger gehört zu den ganz großen zeitgenössischen Schriftstellern in Deutschland. Immer wieder hat er sich auch mit oft sehr eigensinnigen, aber immer klugen Positionen in die politischen Debatten der Deutschen eingemischt. Ihn in eine bestimmte politische Schublade zu stecken fällt schwer, weil er sich immer wieder klaren Einordnungen entzieht. In der Tradition des französischen Frühaufklärers Montaigne bevorzugt Enzensberger immer den Skeptizismus, die Ironie einschließlich der Selbstironie. In seinem neuen Buch versteckt er sich hinter der Figur des älteren Herrn Zett, der sich so seine eigenen Gedanken über moderne Zeiterscheinungen macht. In 259 oft kurzen Abschnitten ("Brosamen") denkt dieser altersweise, manchmal grantige, manchmal arrogante, manchmal witzige, manchmal skurrile ältere Herr über den Lauf der Zeit nach. Warum schätzen reiche Menschen den Minimalismus in der Kunst und arme Menschen barocke Bilder und kitschige Heiligenbildchen? Was verbindet Könige mit Heiratsschwindlern? Warum gilt ein Ignorant des Fußballs als Spielverderber? Warum könnte häufigerer und längerer Schlaf die Welt besser machen? Herr Zett alias Herr Enzensberger haben trotz ihres fortgeschrittenen Alters immer noch eine unstillbare Sympathie für kindlich-naive Fragen über das Funktionieren der Welt im Großen und im Kleinen. Ein herrlicher und intelligenter Lektürespaß.

Wer ist dieser rundliche Herr, der da fast ein Jahr lang jeden Nachmittag an derselben Stelle des Stadtparks erscheint und die Passanten in muntere Gespräche verwickelt? Ein Weiser, ein Sprücheklopfer, ein Clown, ein streitlustiger Philosoph? Viele schütteln den Kopf und gehen weiter, andere hören ihm zu, diskutieren mit ihm und finden sich immer wieder am selben Ort ein. Er selbst schreibt nichts auf, aber seine Hörer machen sich Notizen. Das kleine weiße Buch, das hier vorliegt und wie ein Taschenkalender aussieht, überliefert die Betrachtungen und Provokationen dieses sonderbaren Zeitgenossen, der genauso heißt wie der letzte Buchstabe des Alphabets. Mit Vorliebe, subversiver Energie und wenigen Sätzen untergräbt Herr Zett Dünkel, Größenwahn und falsche Autorität. Den Institutionen vertraut er ungern, und für »alternativlos« hält er gar nichts. Aber nicht alles, was er sagt, mag man für bare Münze nehmen. Er räumt Irrtümer ein und mit Urteilen auf. Ein störrischer Redner wie er
, der keine Ambitionen hegt, kann uns manches zumuten, was andere lieber für sich behalten. Fest steht: Ein bloßer Bauchredner seines Schöpfers ist er nicht. Dazu ist er zu eigensinnig. Und am Ende der Saison, wenn es im Park zu kalt und zu ungemütlich wird, wird er auf Nimmerwiedersehen verschwinden.


Hans Magnus Enzensberger wurde am 11. November 1929 in Kaufbeuren geboren und starb am 24. November 2022 in München. Als Lyriker, Essayist, Biograph, Herausgeber und Übersetzer war er einer der einflussreichsten und weltweit bekanntesten deutschen Intellektuellen.

»Eine sokratische Spielfreude belebt dieses postmoderne Weisheitsbuch, das Enzensbergers Ideal buddhistischer Tiefenentspanntheit mit Lust am Einspruch verbindet ...« Ijoma Mangold DIE ZEIT 20130919
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