Das Monster von Neuhausen

Ein Protokoll

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medienprofile-Rezension

Gerichtsprotokoll, das den Täter zum Opfer macht und - ironisch gebrochen - mit den Medien und dem hierarchischen Chefärztesystem abrechnet.
Einem berühmten "unfehlbaren" (S. 72) Gehirnchirurgen (wohnhaft im angesagten Münchner Stadtteil Gern) unterläuft ein folgenschwerer Kunstfehler. Bei einer an sich banalen Operation durchtrennt er den Sehnerv seines Patienten. Doch statt zu seinem Fehler zu stehen, beschimpft er den Unglücklichen noch am Krankenbett, später dann vor seinen Studenten und verunglimpft ihn in aller Öffentlichkeit als Hypochonder und Simulanten. Die fortgesetzte Erniedrigung im Einklang mit der Zerstörung seines gewohnten Lebens treibt den Erblindeten zum Mord an dem Arzt. Sein ziemlich skurriler Anwalt nimmt sich der "Ehre" seines Mandanten wegen des Falles an. Sein beinahe karikaturhaft-schräges Plädoyer lässt die Tat des in den Medien als "Monster" Vorverurteilen in einem anderen Licht erscheinen und gerät zur - stets auch ironisch gebrochenen - Abrechnung mit dem eigentlich Schuldigen. Dies ist Gegenstand dieses manchmal tragikomischen "Protokolls". Was den Text des sehr produktiven Autors so reizvoll macht ist neben dem Münchner Lokalkolorit der unglaubliche Sarkasmus, mit dem er z.B. die Absurditäten des hierarchischen Chefärztesystems bloßstellt, wenn er etwa beschreibt, wie "die ganze riesige weiße Wolke hereinflatterte, mit wehenden Ärztemänteln, Ärztehosen, Schuhen, Hemden und weißen Ärztekitteln." (S. 49) Unbedingt lesenswert.

Tobias Knopp unterzieht sich einer Operation, die tragischerweise missglückt. Der zur Rechenschaft gezogene Chirurg streitet alles ab und belastet seinerseits den Patienten, bloß zu simulieren. In seinem neuen Buch spielt Ernst Augustin den anschließenden Gerichtsprozess mit der ihm eigenen Komik und Kunstfertigkeit durch. Es ist das Protokoll der Verteidigung eines monströsen Bluttäters, der aus Gründen verletzten Ehrgefühls auf das Schrecklichste überreagiert. Die Verteidigungsschrift. Die allerdings in einigermaßen verbohrter Gerechtsamkeit sich selbst im Wege steht und für den Fall wenig förderlich ist. Hier scheint ein Verteidiger seine eigene Verteidigung zu verteidigen. Er vollbringt das Kunststück, das vermeintliche Monster überhaupt erst zum "Monster" zu machen. Es ist eine Idylle, eine Gerichtsprozessidylle.

Ernst Augustin, geboren 1927, war in seinem Beruf als Arzt und Psychiater an damals entlegensten, exotischen Orten tätig, unter anderem in Kandahar, Afghanistan, das sich in biblischem Zustand befand. Heute lebt und schreibt er in noch verbliebenen Innenwelten. In München.


"Bravourstück ebenso haarsträubender wie komischer Erzählkunst."
Brigitta Rambeck, Literatur in Bayern, März 2015

"Nostalgie-Schreibware vom Feinsten, klanglich und philosophisch vollendete Prosa."
Oliver Jungen, Literaturen, Frühjahr 2015

"Ein großartiger Magier des Grotesken - und zugleich grotesk unterschätzt."
Alexander Kluy, Buchkultur, März 2015

"Ein schmales, bitter-heiteres Buch."
Ulrich Rüdenauer, Süddeutsche Zeitung, 10. März 2015

"Unterhaltsam, farbig und pointiert."
Manfred Papst, Neue Zürcher Zeitung, 22. März 2015

"Begnadeter und fantasievoller Fabulierer."
Michael Schleicher, Münchner Merkur, 17. März 2015
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