Ein Sonntagskind

Roman. Ausgezeichnet mit dem Uwe-Johnson-Preis 2016

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medienprofile-Rezension

Über Schuld und ihre Verdrängung.
Gleich ob Günter Grass, Walter Jens oder Helmut Schmidt - die historisch-analytische Aufarbeitung der Verstrickung linksliberaler Biographien tut sich schwer, zu einem wirklichen Verstehen zu kommen. Bessere Möglichkeiten bietet die Erzählung. Koneffkes "Sonntagskind" ist eine, bei der es zwar keinen Sinn macht, historische Vorlagen extrahieren zu wollen, die aber gut nachempfinden lässt, wie Schuld und Versagen zur unerträglichen Lebenslast einer ganzen Generation werden. "Sonntagskind" erzählt die Geschichte eines Menschen, der mit unglaublichem Glück der Todesmaschinerie des Krieges entkommt, sich durch die Wirren und Fallstricke der Nachkriegszeit hindurch schlängelt, um schließlich nach einer glanzvollen Karriere zum linksliberalen Vorzeigedemokraten der Republik zu werden. Dabei verdrängt er allerdings seine Vergangenheit und verliert seine Identität, kann für sich und andere nie der sein, der er wirklich ist. - Man darf nicht empfindsam sein, um diesen Roman zu lesen. Brutale Gewalt, ein gotterbärmliches Sterben und sinnentleerter Sex schlagen sich auch in der Sprache nieder und drängen sich in Schreckensbildern auf, die man so schnell nicht wieder vergisst. Doch solche Zumutungen zeigen den Nachgeborenen nicht nur, wie Krieg wirklich ist, sondern stellen auch deren penetrantes moralisches Überlegenheitsgefühl gründlich in Frage.

Nach dem Tod eines linksliberalen Philosophieprofessors finden sich dessen Landser-Briefe aus der Kriegszeit. Sein Sohn begegnet darin einem Menschen, den er nicht kennt, der Schock ist groß.

Winter 1944/45: Um seinen unreifen Sohn Konrad vor den Werbern der SS zu retten, drängt dessen Nazi-skeptischer Vater ihn, freiwillig Reserveoffizier bei der Wehrmacht zu werden; kurz darauf rät er ihm sogar zur Fahnenflucht - Hitlerjunge Konrad graut es zwar vor Kampfeinsätzen, zugleich ist er aber über den mangelnden Patriotismus des Vaters entsetzt und überlegt ernsthaft, ihn anzuzeigen.Der Krieg macht durch Zufälle aus dem Feigling einen Helden, er bekommt sogar das Eiserne Kreuz Erster Klasse.Prahlend berichtet er darüber in Briefen an ferne Kameraden. Nach dem Kriegsende jedoch sieht die Welt anders aus. Der vorher verachtete Vater wird zum Leitstern. Konrad schämt sich zutiefst für seine Kriegstaten und verschweigt sie hartnäckig - erst recht, als er (gefordert von einem ehemali
gen Widerständler) Philosophiedozent wird, Schwerpunkt Ethik.Konrad gerät in Frankfurt, inzwischen Professor, ins linke Milieu - und mitten in die Wirren der Studentenbewegung. Als die Staatssicherheit der DDR über einen ehemaligen Kriegskameraden an kompromittierende Informationen über ihn gelangt, wird es brenzlig, aber es gelingt dem Sonntagskind Konrad, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Kein Wunder, dass er - Jahre später - die Nachricht vom Fall der Mauer nicht nur mit Freude hört. Erst sein Sohn wird die prahlenden Jugendbriefe seines Vaters finden - und darin einen Menschen, den er nicht kennt und dessen wahre Identität er rekonstruieren will.

Jan Koneffke, geboren 1960 in Darmstadt, studierte und arbeitete ab 1981 in Berlin. Nach seinem Villa-Massimo-Stipendium 1995 lebte er für weitere sieben Jahre in Rom und pendelt heute zwischen Wien, Bukarest und dem Karpatenort Maneciu. Koneffke schreibt Romane, Lyrik, Kinderbücher, Essays und übersetzt aus dem Italienischen und Rumänischen. Er wurde mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet, zuletzt dem Uwe-Johnson-Preis 2016. Zuletzt erschienen bei Galiani Ein Sonntagskind (2015), 2020 sein von der Presse gefeiertes Erzählkunststück Die Tsantsa-Memoiren.

Historisch klug und literarisch virtuos: Wer immer noch nichts von Jan Koneffke gelesen hat, muss dies nun dringend nachholen. Tobias Heyl Falter
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