Wie betest du?

80 Jesuiten geben eine persönliche Antwort

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medienprofile-Rezension

Erfahrungen von 80 Jesuiten mit dem Beten im Alltag und für den Alltag.
Das Bedürfnis, mit Gott ins Gespräch zu kommen, ist für religiöse Menschen eigentlich selbstverständlich - wie dieses Gespräch zu führen ist, scheint uns aber oft ziemlich unklar zu sein. Vielleicht tut sich der moderne Mensch tatsächlich besonders schwer mit dem Beten - doch liegt die prinzipielle Schwierigkeit wohl eher in der Sache selbst, denn schon die Jünger baten Jesus: "Herr, lehre uns beten!" Es gibt darum in der Tradition der geistlichen Literatur zahlreiche "Gebetsschulen", die Wege zu einem gelingenden Beten aufzeigen. Der Jesuit Vitus Seibel wählt in seinem Buch eine etwas andere Herangehensweise. Er bat 80 Ordensmitbrüder aus dem deutschsprachigen Raum, die Frage "Wie betest du?" möglichst knapp zu beantworten. Man erhält in diesem Buch also persönliche Zeugnisse von Gebetserfahrungen und -gewohnheiten, dabei sind Krisen und Wandlungen in den Antworten durchaus eingeschlossen. Über die Autoren der 80 kurzen Beiträge erfährt man kaum etwas - nur den Namen, den gegenwärtigen Wohnort und das Geburtsjahr. Dass sie zwischen 27 und 89 Jahre alt sind, wobei der größte Teil etwa in der Mitte steht, lässt erkennen, dass hier Ordensmänner schreiben, die schon eine gewisse Lebens- und Gebetserfahrung aufzuweisen haben. Und da es sich um Jesuiten handelt, die weder Klöster noch gemeinsame Gebetszeiten haben, ist auch klar, dass es sich nicht um eine Spiritualität handelt, die nur hinter schützenden Klostermauern gelebt werden könnte, sondern um das Beten wirklich im Alltag und für den Alltag. Die Antworten weisen gewisse Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten auf: besonders bewährt haben sich bestimmte Rituale, feste Gebetszeiten (v.a. Meditationen zu Tagesbeginn und abendliche Tagesrückblicke) und ein gewisser traditioneller Gebetsschatz (Psalmen und Vaterunser, Rosenkranz und Jesusgebet, Schriftbetrachtungen). Noch interessanter sind die Einschätzungen dessen, was denn das Wesentliche des Betens ausmache. Hier ergibt sich aus der Vielzahl der Blickwinkel ein faszinierendes Gesamtbild, in dem sich verschiedene Facetten nicht widersprechen, sondern vielfach ergänzen und gegenseitig erhellen: Das Gebet ist Antwort, weil man von Gott immer schon angesprochen wurde; man darf im Gebet alle Sorgen, Ängste, Zweifel, Ablenkungen zulassen, um sie dann loszulassen; man darf und soll im Gebet überhaupt alles vor Gott bringen, um es von seiner Liebe durchdringen zu lassen; Gebet ist aber auch einfach nur Da-Sein; beten bedeutet, zu Gott aufzusehen - und sich von ihm anschauen zu lassen, in der Gegenwart Gottes zu verweilen. Das Gespräch mit Gott führt den Menschen zur tiefsten Erfahrung seiner selbst - die aber nicht bei sich selbst stehen bleibt, sondern in die geradezu beglückende Einsicht einmündet, auch für andere beten zu dürfen. Letztlich würden wohl die meisten darin übereinstimmen, dass beten "weniger ein Tun als ein Geschehenlassen" ist, dass es den "Blick auf die Welt und die Menschen ändert", indem es daran erinnert, "dass ich mein Leben nicht alleine lebe, sondern Gott es mit mir lebt." Oder ganz kurz zusammengefasst: "Beten: mit Gott über den Alltag sprechen". Alle vorgestellten Weisen zu beten setzen weder theoretische Kenntnisse über das Gebet noch eine jahrelange Gebetspraxis voraus - sind aber immer von einer gewissen Regelmäßigkeit geprägt. Dies ist nicht zuletzt auch deshalb wichtig, weil es für jeden Beter Zeiten der Dürre ohne innere Empfindungen oder Erkenntnisse gibt. Dann hilft nur ein Festhalten an einer gewissen Routine, um solche Krisenzeiten zu überstehen. Vielleicht sind diese 80 Einblicke in die persönlichen Erfahrungen mit dem Beten für die Leser/innen hilfreicher als theoretische Anleitungen, in jedem Fall können sie - wenn z.B. ein 88 Jahre alter Jesuit bekennt: "Ich kann nicht gut beten" - als Ermutigungen von großem Wert sein.

Wer wissen will, wie Beten geht, muss selbst beten. Aber manchmal ist es hilfreich, zu hören, wie andere beten.Die in diesem Band versammelten Zeugnisse von Jesuiten erzählen von ihren Lieblingsgebeten, Krisen, Suchen nach Stille und Gottesgegenwärtigkeit im Vielerlei des Alltags. Sie lassen teilhaben an Gebetsgewohnheiten, die zur Routine zu werden drohen, an Zeiten des Verstummens, an inneren Berührungen. Sie sind damit auf dem Weg, den ihr Gründer Ignatius von Loyola mit der Einladung ausdrückt, jeder solle suchen und sich auf die Weise des Betens einlassen, bei der sich ihm Gott am meisten mitteilt.

Vitus Seibel SJ, geb. 1935, langjähriger Exerzitienbegleiter, lebt in Berlin.
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