Der junge Berliner Künstler Karl muss zeitgleich die lebensbedrohliche Erkrankung seiner Mutter und den „prophylaktischen“ Selbstmord seines Vaters, der ohne seine geliebte Frau nicht mehr leben wollte, hinnehmen. Die Eltern waren sich stets selbst genug, für den Sohn blieb in der symbiotischen Beziehung des exzentrischen Bohème-Paares wenig Raum. Um Dinge zu regeln, kehrt Karl ins Elternhaus zurück. Wider Erwarten erholt sich seine Mutter und überschüttet ihren Sohn mit Liebesbekundungen. Karl ist verwirrt und sein Zustand bessert sich nicht, als er zwischen zwei Frauen hin- und hergerissen wird. Das ist aber noch lange nicht das Ende seiner inneren Turbulenzen, denn er lernt ein kleines Mädchen kennen, das zu seiner Seelenverwandten wird. Trotz der konstruierten Handlung war ich von diesem Debutroman fasziniert, der einen so eigenwillig-lässigen Ton anschlägt und mit vielen ungewöhnlichen Farb-Assoziationen spielt.
Karl ist noch nicht einmal dreißig und hat sich schon als Künstler in Berlin einen Namen gemacht. Er ist der Sohn von August und Ada Stiegenhauer, 'dem' Glamourpaar der deutschen Kunstszene. Doch in der symbiotischen Beziehung seiner Eltern war kein Platz für ein Kind. Nun ist der Vater tot, die Mutter schwer erkrankt. Karls Kosmos beginnt zu schwanken und steht plötzlich still. Die einzige Konstante ist ausgerechnet das kleine Mädchen Tanja, das ihn mit kindlicher Unbekümmertheit zurück ins Leben lockt. Und es beginnt ein Roman, wild wie ein Gewitter, zart wie ein Hauch.
Anne Reinecke, geboren 1978, hat Kunstgeschichte und Neuere deutsche Literatur studiert und für verschiedene Theater-, Film- und Ausstellungsprojekte sowie als Stadtführerin gearbeitet. 'Leinsee' ist ihr erster Roman. Für das Manuskript wurde sie mit einem Stipendium der Autorenwerkstatt Prosa des Literarischen Colloquiums Berlin ausgezeichnet. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Berlin.