Die Komamethode

Willensfreiheit, Selbstverantwortung und der Anfang vom Ende der Roten Armee Fraktion im Winter 1984/85

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Als Mitte der 1980er Jahre ein Mitglied der Roten Armee Fraktion, Knut Folkerts, beim Hungerstreik ins Koma gefallen war und an die Medizinische Hochschule Hannover gebracht wurde, stellte dieser Vorgang die Bundesrepublik vor ein Dilemma. Die Pflicht des Staates, Leben zu erhalten, stand dem individuellen Recht auf Selbstbestimmung gegenüber. Man entschied sich damals für die relativ neue Behandlung der Komamethode. Heiko Stoff widmet sich in seinem Buch einem Stück bundesrepublikanischer Geschichte, das weit über den damaligen Anlass hinaus medizinrechtliche und -ethische Fragen aufwirft. Deshalb ist diese Mikrogeschichte auch mehr als eine interessante Lokalstudie über einen Intensivmediziner und einen Hungerstreikenden sowie über den Ausnahmezustand an der Medizinischen Hochschule, bei dem schließlich über tausend schwer bewaffnete Polizeibeamte im Einsatz waren. Sie stellt vielmehr genau jenen Moment dar, an dem das ethische Prinzip von Willensfreiheit und Selbstverantwortung
in einer medizinisch prekären und politisch brisanten Situation gerade anhand einer Gruppe exemplifiziert wurde, deren Autonomie qua Gesetzesbestimmungen suspendierbar erschien. Es ging darum, einen immer noch von beiden Seiten unerbittlich geführten Konflikt durch intensivmedizinische Intervention zu lösen, ohne dass dabei der Wille der Hungerstreikenden in Frage gestellt wurde.

Stoff, HeikoPD Dr. phil. Heiko Stoff ist seit dem 1. Oktober 2014 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin. Nach seinem Studium in Geschichte und Germanistik an der Universität Hamburg promovierte er dort 2002 am Historischen Seminar mit einer Arbeit, die 2004 als "Ewige Jugend. Konzepte der Verjüngung vom späten 19. Jahrhundert bis ins Dritte Reich" publiziert wurde. In der Folge war er Postdoc der Präsidentenkommission "Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus" der Max-Planck-Gesellschaft und Postdoc am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung für Geschichte der Naturwissenschaften mit Schwerpunkt Pharmaziegeschichte der TU Braunschweig entstand seine 2012 unter dem Titel "Wirkstoffe. Eine Wissenschaftsgeschichte der Hormone, Vitamine und Enzyme, 1920-1970" veröffentlichte Habilitationsschrift.
Stoff war Gastforscher am Institut für Technikgeschichte der ETH Zürich und an der Universität Wien. In den Jahren 2012 bis 2014 fungierte er als Vertretungsprofessor für Wissenschafts- und Technikgeschichte am Historischen Seminar der TU Braunschweig. Stoff ist Kooperationspartner des Forschungszentrums "Medical Humanities" der Uni Innsbruck und Mitherausgeber der Zeitschrift "Body Politics. Zeitschrift für Körpergeschichte". Zudem ist er Mitglied im Arbeitskreis "Schicksale jüdischer Ärzte in Hannover" sowie im DFG-Netzwerk "Stoffgeschichte".Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Geschichte der Lebenswissenschaften, der Körper, der Institutionen sowie der Sexualitäten und Geschlechter. Er beschäftigt sich gerne mit der Historisierung bis dato unhinterfragter Konzepte wie Jugend, Leistung, Stress und Wirkstoffe.
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