Erwarte von mir keine frommen Sprüche

Ungeschminkte Psalmen

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 Borromäusverein e.V.
Er könne nicht mehr beten, schrieb Jörg Meyrer, Pfarrer von Bad Neuenahr, einige Tage nach der Flutkatastrophe von 2021. „Die vertrauten Worte passen nicht mehr.“ Könnte es sein, dass das auch für andere Situationen gilt? Dass die vertrauten Worte ihre Kraft verlieren und auch das Beten in eigenen Worten schal wird? Für diesen Fall erweisen sich die Psalmen von Stephan Wahl als großer Schatz. Den Anfang machte der „Ahr-Psalm“, den er nach der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 schrieb. Wahl, der in Jerusalem lebt, stammt von der Ahr-Mündung und kennt entsprechend viele Menschen, die von der Flut betroffen sind; ein Verwandter von ihm kam dabei ums Leben. Seine Betroffenheit brauchte ein Ventil, sagte er dem Kölner Domradio, das er dann in Form eines Psalms gefunden hat. Damit gab er Pfarrer Meyrer und vielen anderen Menschen Worte, mit denen sie sich an Gott wenden konnten. Daraus wurden mehr Psalmen, in denen Wahl mit unterschiedlichen Themen ringt. Im Buch sind sie thematisch geordnet: die Katastrophe an der Ahr, Klagepsalmen, Lob und Dank, Ermutigung, Psalmen zu bestimmten Zeiten. Darunter sind ein Psalm für Menschen, die nach der Flut in ihre Häuser zurückkehren, ein ratloser Psalm zum Ukraine-Krieg, ein „Ohne-Glauben-Psalm“, ein Dank-Psalm („Wenn ich etwas von dir will / bin ich sofort zur Stelle … / Es ist höchste Zeit, einmal nichts zu wollen, / dir einfach zu danken …“), ein Psalm für müde Menschen vor dem Zubettgehen, ein Mutmach-Psalm. Kennzeichnend für Wahls Texte sind die frischen Formulierungen, ohne fromme Floskeln, die vom Ringen mit Gott erzählen, um den eigenen Glauben, um das Leben mit all seinen schönen und abgründigen Seiten. Hier schreibt einer, der eben nicht vorgibt zu wissen, wer Gott ist, was er will und warum sie sich so verhält wie Wahl (und viele Menschen) es erfahren: „Noch mehr fehlen die Menschen, / die in den Fluten starben. / Warum, Ewiger, hast du sie nicht gerettet? / Warum? /Dein Schweigen quittiere ich / mit meinem eigenen Schweigen, / ich begreife dich wirklich nicht, / rätselhafter, ewiger Gott.“ Diese Spannung zwischen dem rätselhaften Gott und dem, dem sich der*die Betende vertrauensvoll zuwendet, tritt in fast jedem Psalm zutage. Wahl scheut sich auch nicht, mit Gott Klartext zu reden: „Nie werde ich verstehen / warum du dem allem nur zusiehst, / deine Hand nicht eingreift / und die Tyrannen zerschmettert. / Mach dich gefasst auf meine zornigen Fragen, / wenn wir uns sehen werden, später ...“ (Es ist Krieg). Die Worte, die Stephan Wahl für sein Ringen mit Gott und dem Leben findet, gehen unter die Haut. Sie haben das Zeug, die eigene Zunge (wieder) zu lösen und das eigene Beten zu bereichern. Sie zeigen einen Gott, der mit sich reden lässt, dem man Freude und Dankbarkeit genauso zumuten darf wie Wut und Trauer, ja selbst den eigenen Unglauben. Christoph Holzapfel

(medienprofile-Rezension; ausgezeichnet vom Borromäusverein e.V. und dem Sankt Michaelsbund Diözesanverband München und Freising e.V. als Religiöses Buch des Monats Februar 2023)
 

Wo ist Gott? Warum lässt er zu, dass die Ahr Menschen in den Tod reißt? Warum stoppt er nicht Tyrannen, die ganze Völker ins Unglück stürzen? In der Tradition der Psalmen, die Gott direkt und mutig ansprechen, fragen, klagen und anklagen, ringt Stephan Wahl - u.a. mit seinem Ahrpsalm, dem LBSTQ- oder dem Kriegspsalm - um Worte wider die Sprachlosigkeit. Gott ist nicht einfach nur der liebe Gott, der Barmherzige, der alles Verstehende. Er ist auch der Geheimnisvolle, der Undurchschaubare, der uns schweigend abwesend erscheint.Mach Dich gefasst auf meine zornigen Fragen, wenn wir uns sehen werden, später in diesem rätselhaften Danach, Deinem geheimnisumwobenen Himmel. Dann will ich Antworten, will Erlösung und endgültigen Frieden, jetzt aber will ich nicht aufgeben zu tun, was ich tun kann, damit wir ... ehrlich und glaubwürdig und unverhärtet berührbar als menschlicher Mensch unter menschlichen Menschen leben.

Stephan Wahl, geboren 1960, von 1999 bis 2011 Sprecher beim Wort zum Sonntag (Das Erste), neun Jahre Kommunikationschef des Bistums Trier, lebt und arbeitet in Jerusalem.
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