Koala

Roman

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medienprofile-Rezension

Romanhafte Meditation des preisgekrönten Schweizer Autors über das Leben und den Suizid des eigenen Bruders.
Der Bruder des Erzählers bzw. des Autors (denn beide sind offenbar identisch) hat sich mit 45 Jahren das Leben genommen - ohne erkennbaren Grund. Was mag "den Bruder am Leben gehindert haben" (S. 53)? Obwohl oder gerade weil sich beide Brüder nicht nahe standen, wird dem Erzähler die gnadenlose Endgültigkeit ihrer Ferne schmerzlich bewusst. Bedrückende Kindheitserinnerungen tauchen auf, Schuldgefühle martern ihn und Gefühle der eigenen Endlichkeit und der Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens stellen sich ein. Dass der Bruder bei den Pfadfindern in einem archaischen Ritual den Totem-Namen Koala erhalten hat, scheint ihm nun als Omen. Hat nicht der Koala, faul und bewegungslos in den Bäumen hängend, allen Nachstelllungen schutzlos ausgeliefert, sich dabei von tendenziell giftigem Eukalyptus ernährend viel Ähnlichkeit mit dem Wesen seines Bruders, der ehrgeizlos, träge und zurückgezogen lebte und endlich auf dieses Leben verzichtete, indem er sich eine Überdosis Heroin spritzte? In einem zweiten umfänglicheren Teil verliert der Erzähler das Thema Suizid scheinbar aus den Augen und beschreibt nun die Naturgeschichte der Koalas und die Kolonisierung ihrer Heimat Australien durch britische Strafgefangene - alles in größter Ausführlichkeit und Drastik. Allerdings stehen auch hier Motive wie Sterben und Vergänglichkeit im Zentrum. Was also auf den ersten Blick als irritierende Abschweifung erscheint, könnte man vielleicht als Rationalisierung, Fluchtbewegung oder auch als Kapitulation vor dem nicht Erklärbaren verstehen. So stellt sich dieser Roman des vielfach preisgekrönten Schweizer Autors als formal etwas inhomogenes, scheinbar unrundes Konstrukt dar, eher als eine verstörende Meditation über das Leben und das Sterben. Auch stilistisch unterscheiden sich beide Teile des Romans stark, wobei sich der Autor in jeder Hinsicht als präziser und sensibler und facettenreicher Erzähler erweist.

Lukas Bärfuss hat einen gedanklich weit ausgreifenden Roman geschrieben, der über die Frage, warum jemand willentlich den Tod gesucht hat, zu einer anderen vordringt: Welche Gründe gibt es, sich für das Leben zu entscheiden?Ein ganz gewöhnlicher Mensch, sein ganz gewöhnliches Leben und sein ganz gewöhnliches Ende. Aber nichts an dieser Geschichte in Lukas Bärfuss` neuem Roman will uns gewöhnlich scheinen. Denn das erzählte Ende ist ein Suizid, und der ihn verübt hat, ist sein Bruder. Auch wenn die Statistik sagt, dass für die Menschen zwischen zwanzig und vierzig Jahren Suizid die zweithäufigste Todesursache überhaupt ist, hilft das niemandem in seinem individuellen Schicksal. Die Fragen, die sich unweigerlich stellen, finden nicht zu Antworten, die denen, die zurückbleiben, wirklich Trost spenden.Bärfuss spürt dem Schicksal des Bruders nach, über das er zunächst wenig weiß. Und er begegnet einem großen Schweigen. Das Thema scheint von einem großen Tabu umstellt. Und von einem Geh
eimnis. Warum nannten seine Freunde ihn Koala? Wie kam er zu diesem Namen? Und hat vielleicht der Name gar das Schicksal des Bruders mitbestimmt; wird ein Mensch seinem Namen ähnlich? Die Geschichte der Tierart in Australien, die heute vor der Ausrottung steht, gerät in den Blick des Autors, und so ist das Buch auch eine Natur-Geschichte über den Umgang des Menschen mit dem anderen Menschen, mit dem Tier, mit Gewalt überhaupt.Ausgezeichnet mit dem Schweizer Buchpreis 2014Ausgezeichnet mit dem Solothurner Literaturpreis 2014Ausgezeichnet mit dem Thuner Kulturpreis 2014Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2014Shortlist Wilhelm-Raabe-Literaturpreis 2014SWR-Bestenliste April 2014 Georg-Büchner-Preis 2019 www.lukasbaerfuss.ch

Bärfuss, Lukas
Lukas Bärfuss, geb. 1971 in Thun/Schweiz. Dramatiker und Romancier, Essayist. Seine Stücke werden weltweit gespielt, seine Romane sind in etwa zwanzig Sprachen übersetzt. Lukas Bärfuss ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und lebt in Zürich. 2019 wird Lukas Bärfuss mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Preise u. a.: - Mülheimer Dramatikerpreis (2005) - Anna-Seghers-Preis (2008) - Mara-Cassens-Preis (2008) - Schillerpreis der Schweizerischen Schillerstiftung (2009) - Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis (Sonderpreis) (2009) - Hans-Fallada-Preis der Stadt Neumünster (2010) - Kulturpreis Berner Oberland (2011) - Berliner Literaturpreis (2013) - Solothurner Literaturpreis (2014) - Thuner Kulturpreis (2014) - Schweizer Buchpreis (2014) - Nicolas-Born-Preis (2015) - Preis der LiteraTour Nord (2018) - Georg-Büchner-Preis (2019)

»Bärfuss begeistert, wenn er erzählt, wenn er aber erklärt und deutet verliert er seine schöne Radikalität im trüb Programmatischen.« (Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung, 24.04.2014) »ein ungewöhnliches Buch, das es unbedingt lohnt, weiter überdacht zu werden.« (Alexander Kosenina, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.03.2014) »ein tief poetisches, ernsthaftes und wunderschönes Buch, eines der schönsten, die ich seit langem gelesen habe« (Elke Heidenreich, Literaturclub, 18.03.2014) »ein sehr kühnes Buch« (Stefan Zweifel, Literaturclub, 18.03.2014) »Lukas Bärfuss ist der aufregendste Autor der Schweiz.« (Richard Kämmerlings, Die Welt, 09.03.2014) »ein sehr mutiges Buch, streng, kompromisslos« (Nicole Henneberg, Der Tagesspiegel, 07.04.2014) »Bärfuss' »Koala« ist ein Ereignis.« (Christine Lötscher, Züritipp, 05.03.2014) »Ein großer Roman, der zeigt, wie die Literatur uns des Lebens versichern kann.« (Thomas Böhm, Die Literaturagenten auf radioeins, 06.04.2014) »Ein schmales, ko
stbares Buch über das Leben und kaum zu beantwortende Fragen.« (Sandra Kegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.12.2014) »ein radikales Buch von erstaunlicher Kraft, das kluge Fragen stellt« (Friederike Gösweiner, Tiroler Tageszeitung, 09.05.2014)
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